Corona hat uns ja alle kalt erwischt. Zugleich mit den Schulen schlossen die Gerichte, dann kamen die Kontaktverbote und Geschäftsschließungen. In dieser Situation haben auch wir unsere Kanzlei zunächst für den Publikumsverkehr weitgehend geschlossen und auch Neumandanten telefonisch beraten. In einer von Angst und Unsicherheit geprägten Atmosphäre haben dies Mandanten auch dankbar aufgenommen und waren froh, dass sie nicht persönlich kommen mussten.

Wie Juristen-Kollege Heribert Prantl indes kürzlich sehr richtig in seiner Kolummne in der Süddeutschen Zeitung sinngemäß schrieb: Am Anfang fand man Videokonferenzen toll, je länger es geht, desto mehr merkt man, dass sie nur ein Behelf sind und entscheidendes fehlt. Ähnlich ist das mit Beratungen per Telefon. Natürlich haben wir Mandanten, die wir lange kennen und die immer wieder Fragen haben, schon immer überwiegend telefonisch beraten. Aber zu wirklich wichtigen Besprechungen über komplexe Themen hat man sich getroffen. Und besonders bei einem Neumandanten macht es einen Unterschied, ob man den Menschen hinter der Stimme gesehen hat, und zwar nicht nur in einem Video-Chat. Nur im unmittelbaren persönlichen Gespräch bekommt man einen Einblick, mit was für einer Persönlichkeit man zu tun hat und was diesem spezifischen Menschen wichtig ist. Ob er etwas wirklich versteht oder nur sich nicht mehr traut nachzufragen. Und auch der Mandant hat ein Recht darauf zu wissen, wer der Anwalt, den er in einer existentiellen Situation kontaktiert in der Hoffnung und Erwartung, einen Ausweg gezeigt zu bekommen, eigentlich ist und eine persönliche Beziehung aufzubauen. Das geht nicht so gut mit einer Stimme am Telefon.

Und völlig unmöglich ist es schlussendlich, wenn sich Mandant und Anwalt erstmals vor Gericht begegnen und der Mandant, der sich in einer für ihn neuen, völlig ungewohnten, ja beängstigenden Situation befindet, erst einmal suchen muss, wer der vielen Menschen im Anzug eigentlich „sein“ Anwalt ist und zweifeln muss, ob der ihn überhaupt erkennt, über seinen Fall Bescheid weiß, die Chemie stimmt und er diesem Menschen, den er noch nie gesehen hat, eigentlich zutraut, ihm jetzt beizustehen. Derartiges kam und kommt zwar auch außerhalb von Corona-Zeiten vor, aber überwiegend bei Internet-Kanzleien, die bundesweit Mandanten mit günstigen Preisen und fragwürdigen Versprechen anwerben und dann für die Terminvertretung vor Ort lokale Anwälte aus kleinen Kanzleien anheuern, die mit wenig Ahnung für noch weniger Geld arbeiten, um überhaupt einen Auftrag zu haben. Unser Stil ist das nie gewesen und soll es auch nicht werden. Bei uns vertritt der Anwalt, der den Mandanten berät und sich dessen Vertrauen erworben hat, ihn selbstverständlich auch vor Gericht. Und die Beratung hat neben der Rechtslage selbstverständlich immer und zuvorderst die Persönlichkeit des Mandanten im Blick – aber dazu muss man diesen erst einmal persönlich kennen.

Nachdem zwischenzeitlich die Gerichte wieder Verhandlungen durchführen, führen also auch wir wieder verstärkt persönliche Besprechungen durch. Natürlich unter Einhaltung der Abstands- und Hygieneregelungen ausschließlich in einem großen Besprechungszimmer, das gut gelüftet wird. Und damit die persönliche Kommunikation auch gelingt, verzichten wir dabei auf den Mundschutz. Für diejenigen, denen das zu unsicher ist, etwa weil sie zur Risikogruppe gehören, ist es sicher auch zu unsicher überhaupt zu kommen und das muss auch niemand. Auf Wunsch des Mandanten beraten wir selbstverständlich gerne auch weiterhin ausschließlich telefonisch oder per Video-Konferenz. Und wenn man sich erst einmal kennt, kann man sowieso Gespräche auch leichter mal telefonisch führen – sinnvollerweise mit Terminvereinbarung, um sich nicht wechselseitig hinterher zu telefonieren. Corona lehrt uns, dass das persönliche Gespräch durch nichts zu ersetzen ist – aber nicht jedes Gespräch auch unbedingt immer persönlich geführt werden muss, sondern dann doch viel mehr über Telefon und Video geht, als man bisher gedacht hat.