Wie gut ein Unternehmen wirklich ist, zeigt sich erst, wenn es unter Stress gerät. Deswegen führt die Bankenaufsicht ja z. B. Stresstests durch, in denen Krisensituationen für Großbanken simuliert werden, um beizeiten Vorkehrungen gegen weitere Zusammenbrüche von sogenannten „systemrelevanten“ Kreditinstituten zu treffen. Wobei „systemrelevant“ in der Euro- und Bankenkrise ja ein Synonym für „too big to fail“ war – also ein Bank oder ein Unternehmen, das so groß ist, dass sein Zusammenbruch zwangsläufig viele andere mit in den Abgrund reißt und es deswegen gerettet werden muss.

Heute sind „systemrelevant“ ja nicht mehr die großen Unternehmen, sondern die kleinen Leute, die in meist schlecht bezahlten Berufen Wirtschaft und Gesellschaft am Laufen halten – das heißt, dass sie auch bei hohem Infektionsrisiko arbeiten müssen, während andere, die vermeintlich nicht „systemrelevant“ seien, wie Gaststätten, Theater und Kinos lange nicht arbeiten durften und sich erst langsam wieder Hoffnung machen könne, zu einem wenigstens eingeschränkten Betrieb zurückkehren zu können.

Auch wir Anwälte sind als Teil der Rechtspflege „systemrelevant“ – d. h. wir durften die ganze Zeit arbeiten. Das ist natürlich einerseits toll, weil uns dann niemand „retten“ muss – andererseits stehen wir vor der Herausforderung, unseren Betrieb pandemiegerecht zu organisieren. Deswegen mussten wir lernen, auch aus der Ferne zu arbeiten und mehr telefonisch und per Video zu beraten, als wir uns das je vorstellen konnten oder wollten. Denn unserem Selbstverständnis als Anwälten entspricht es natürlich, Mandanten unmittelbar von Angesicht zu Angesicht zu beraten – ohne Abstand, Masken oder gar elektronische Hilfsmittel, welche die direkte Kommunikation erschweren. Aber in Zeiten wie diesen passen wir uns natürlich an – zum Wohle der Mandanten und der Allgemeinheit.

Zu unserem eigenen Wohl leider nicht. Denn trotz aller Schutzmaßnahmen wie Home-Office, Abstand und Lüften in den maximal mit zwei Personen belegten Büros, Masken auf den Gängen und in den Gemeinschaftsräumen, Desinfektion etc. ist es uns nicht gelungen, das Eindringen der britischen Mutante in unsere Kanzlei zu verhindern. Und wenn sie mal drin ist, ist sie drin – da helfen dann alle ausgefeilten Hygiene-Konzepte nicht mehr. So bescherte uns das Corona-Virus einen realen Stresstest ganz eigener Art – wie führt man eine Anwaltskanzlei weiter, wenn fast alle krank sind?

Schwere Verläufe mit Krankenhausaufenthalten hatten wir zum Glück bei insgesamt 7 Krankheitsfällen auf 12 Personen nicht. Aber mit zeitweise nur 5 Personen, davon viele Teilzeitkräfte und im Home-Office, den Betrieb aufrecht zu erhalten, war eine echte Herausforderung.

Mit Stolz auf unser Team darf ich sagen – wir haben es geschafft! Alle sind über sich hinausgewachsen und haben mehr geleistet, als zu erwarten war. Und es zeigte sich, dass die digitalen Strukturen, die wir in mühevoller Kleinarbeit über die vergangenen Monate geschaffen haben, vor allem aber die Menschen dahinter auch einer solchen Belastung standhielten. Wir haben alle Fristen gewahrt, alle wichtigen Termine gehalten und alle dringenden Anliegen auch zeitnah erledigt. Einiges, was nicht ganz so dringend war, musste warten und wird jetzt nach und nach abgearbeitet. Den hiervon Betroffenen danken wir sehr herzlich für ihr Verständnis und ihre Unterstützung in dieser Zeit.

Jetzt, wo die Situation gut überstanden ist, zeigt sich der Nutzen: So haben wir nochmal viel über uns und unsere Organisation gelernt und arbeiten jetzt daran, Technik und Abläufe nochmals zu verbessern. Einiges haben wir schon umgesetzt, manches steht noch an. Und nachdem inzwischen die große Mehrzahl von uns genesen oder geimpft ist, sind wir sehr sicher, dass uns nichts mehr umhauen kann – zumindest kein Corona-Virus und auch sonst keine ungeplanten Ausfälle. Und das wiederum gibt Ihnen die Sicherheit, dass Ihr Anliegen bei uns in den besten Händen ist – egal was da auch kommt.